Pierres Blog

Was mich bewegt, interessiert und mir Spass macht …

Scillywall – Tag 10 – 31. Juli

Geevor Mines, St. Just, Minack Theatre

Nach der Touristen-Überdosis von gestern, fahren wir unser Programm wieder etwas zurück. Ich mache mich mit Barbara heute alleine auf den Weg. Wir möchten die Geevor Mine besichtigen. Mami interessiert das nicht sehr und Brigitte ist auch nicht böse, einen Tag mal etwas ruhiger anzugehen und leistet Mami zuhause Gesellschaft. In Cornwall sind an vielen Orten die Überbleibsel der früheren Zinn und Kupferminen noch zu sehen. Immer wieder stechen einem die alten Schornsteine oder Bauruinen mitten in der Landschaft ins Auge. Die Geevor Mine war eine der grössten und wurde erst 1992 stillgelegt. Damals wurden fast 400 Bergleute arbeitslos. Versuche, die stillgelegte Anlage wenigstens als Museum weiter zu betreiben, um wenigstens ein paar Arbeitsplätze zu retten, scheiterten. Erst später wurde die Geevor Mine der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und das in der heutigen Form bestehende Museum eröffnet.

Viele der alten Gebäude können besichtigt werden und sind mit informativen Schautafeln versehen. Alles wirkt dadurch sehr authentisch und man kann sich doch recht gut vorstellen, wie es hier früher zu und her ging. So wird man vom Steuerhaus des Schachtaufzugs über den Kompressorraum, wo die Druckluft für die Presslufthämmer und weitere Geräte erzeugt wurde geführt. Der Dryroom, wo die Bergarbeiter sich zur Schicht ein- und ausgestempelt, ihr Werkzeug gefasst und sich umgezogen und geduscht haben, wirkt so als wäre er erst gestern verlassen worden. Weiter wird man durch grosse Hallen geführt, wo das geförderte Gestein in verschiedenen Prozessen bis zu feinen Sand zerkleinert und vermahlen wurde. Erst dieser feine Sand wurde in den Hochöfen geschmolzen. Ich meine mich zu erinnern, dass dieses Endprodukt einen Zinngehalt von um die 50%, oder sogar noch mehr hatte. Neben all diesen Gebäuden gibt es noch ein separates kleines Museum, wo der Prozess der Zinngewinnung und die Arbeiten in der Zinnmine von den frühsten Anfängen des Bergbaus bis in die Neuzeit in Bild und Ton und an Modellen erklärt werden. Das einzige was wir uns nicht richtig vorstellen können, muss der Lärm, die Hitze und hohe Luftfeuchtigkeit gewesen sein, die besonders in den Fabrikhallen wo das Gestein zerkleinert wurde geherrscht haben.

Nachdem wir die verschiedenen Produktionsgebäude durchschritten hatten, wurde uns noch ein Rütteltisch gezeigt. Auf dem Rütteltisch wird der leichte Sand von den schwereren Zinnteilen getrennt. Eine leicht abfallende Tischplatte mit Rillen wird in Schwingungen versetzt. Der Sand mit Wasser gemischt und über den Tisch geleitet. Durch das Rütteln lässt sich der leichtere Sand über die Rillen vom Zinn trennen und am Ende des Tisches wird dieses relativ hochdosierte Endprodukt dann aufgefangen. Bevor wir aus dieser letzten Halle wieder nach draussen an die Sonne gingen, durften wir uns an einer langen Garderobe einen Blaumann nehmen und weiter zu einem alten Stollen noch etwas Untertag-Feeling schnuppern. Einen Helm hatten wir schon am Eingang erhalten und für diese letzte Aktion machte er auch richtig Sinn. Dieses kleine Abenteuer hat mich dann aber fast etwas enttäuscht, denn wahnsinnig viel gab es in diesem vor über 200 Jahren in den Fels getriebenen Stollen nicht zu sehen. Trotzdem wars ganz spassig und ich hoffe, dass ich irgendwann einmal noch in einen richtig grossen Stollen steigen darf, wo mit grossem Gerät die Rohstoffe abgebaut wurden. Nach fünf Minuten sind wir wieder am Tageslicht und da die Levant Mine von hier nur ein Katzensprung entfernt und der Weg sogar ausgeschildert ist, spazieren wir auch noch schnell dort hin und nehmen einen kurzen Augenschein.

Als sich langsam Hunger breit macht, machen wir uns auf den Weg und entscheiden uns, unterwegs ein hübsches Pub zu suchen und danach zurück ins uns inzwischen ans Herz gewachsene Rose Cottage zu fahren. Im St Just werden wir dann von einem wunderhübsch herausgeputzten Dorfplatz überrascht und lassen uns dort nieder. Ein Pub lädt mit ein paar Tischen vor dem Haus zum verweilen. Der Burger den ich mir bestelle ist richtig lecker und Barbara schmeckt ihr Omelett auch gut. Inzwischen hab auch ich raus, wie das ganze hier in England mit den Pubs und dem Essen funktioniert und kann den alten Zopf abschneiden, dass es in diesen Lokalen nur rauchig und laut zu und her geht und biertrinkende Engländer sich die Kante geben ;-)

Gegen halb vier sind wir dann wieder zurück und ich leg mich für ein Mittagsschläfchen hin. Später machen wir uns dann alle gemeinsam wieder auf den Weg ins Minack Theater, wo wir schon in der Schweiz Tickets für «Alice im Wunderland» gekauft haben. Wir sind zwar etwas länger unterwegs als geplant, aber schaffen es trotz ein paar Problemen mit dem Navi noch zeitig. Das Minack Theatre ist eine Freilichtbühne, die in der Nähe von Landsend in die Klippen gebaut wurde. Begonnen hatte alles in den frühen 30er Jahren, als eine Laien-Theatergruppe ein Shakespeare-Stück auf einem nahen Feld aufgeführt hatte. Rowena Cade, eine Frau die das Gelände damals für 100 Pfund gekauft hatte um darauf ihr Haus zu bauen, bot dem Ensemble ihren Garten für das nächste geplante Stück an. Die steile Lage am Hang war ideal und die Umgebung passte auch gut zum nächsten Stück «der Sturm» von William Shakespeare, welches das Ensemble als nächstes geplant hatte. Im Winter legte sie mit ihrem Gärtner ein paar Sitzplätze und eine Bühne an. 1932 wurde dann das Stück aufgeführt und war ein grosser Erfolg. Ab diesem Moment arbeitete Cade ihr ganzes Leben am Ausbau des Minack Theatre weiter, wo heute den ganzen Sommer und bei jedem Wetter ein wöchentlich änderndes Programm von verschiedenen Ensembles aufgeführt wird.

Ein imposante Kulisse, die auch ohne Theater-Vorstellung einen Besuch wert ist. Leider ist mein Englisch nicht gut genug, sodass ich ziemlich Mühe habe, der Story zu folgen und bekomme nur bruchstückweise mit, was die Darsteller von sich geben. Aber es ist eine herrlich bunte und liebevoll gemachte Aufführung. Die Geschichte kenne ich leider kaum und bereue es natürlich, dass ich dieses Märchen vor meinem Urlaub nicht als Vorbereitung auf diesen Abend gelesen habe. Das hätte mir bestimmt geholfen, die Story und das gespielte besser zu verstehen. Aber egal, die Kulisse und das ganze Drumherum sind für sich schon eine Reise wert. Gegen halb elf ist das Theater dann zu Ende und wir müssen noch eine gute Stunde nach Hause fahren.