Pierres Blog

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Abgebrochenes Iglu Vollmond Romantic Weekend

Sertig-Iglu

Geplant war eine romantische Schneeschuhwanderung im Vollmond mit anschliessender Übernachtung im Iglu, von Samstag- auf Sonntagnacht. Der Zufall wollte es, dass gerade dieser Vollmond mit einer totalen Mondfinsternis zusammen fiel. Also perfekte Vorzeichen, wenn nicht die widerlichen Wetterprognosen das Abenteuer von Anfang an unter einen schlechten Stern gestellt hätten. Trotz allem, machte ich mich mit Jakob am Freitagmorgen auf den Weg nach Sertig, bei Davos. Von dort stiegen wir noch eine gute Dreiviertelstunde mit den Schneeschuhen Richtung Grünsee auf, bis wir auf kanpp 2100 Metern eine geeignete Stelle fanden und mit dem Iglubau begannen.

Die erste Arbeit ist immer, den Iglubauplatz schön festzutreten. Zum einen um das Iglu auf eine solide Unterlage zu stellen und zum anderen um den pulvrigen Schnee zu pressen, damit er sich bindet und fest genug wird um ihn zu Blöcken zu sägen. Alles schien prima. Das Wetter spielte mit und wurde von Stunde zu Stunde besser. Der Schnee schien perfekt; an unserer Baustelle lag ein knapper Meter davon. Aber der Schein trügte: nur die obersten gut 20 cm konnten zum Bauen verwendet werden. Darunter lag, wie schon in Realp, körniger, eisiger Schwimmschnee, der sich in keiner Weise verbinden wollte und einfach wegbröselte.

Nun gut, wir waren ja guter Dinge und begannen mit unserem Monsterbau. Als der Grundkreis mal gelegt war, überkamen uns Zweifel, ob wir das ganze nicht eine Nummer zu gross bauen würden. Wir beschlossen aber auf diesem Grundriss weiter zu bauen. Die Abbaufläche für unsere Schneeblöcke mussten wir in der Folge noch dreimal vergrössern. Die Zeit rannte uns davon. Bei Sonnenuntergang hatten wir die Wände gerade mal bis zur Hälfte hochgezogen. Wir hatten den Aufwand für ein Iglu dieser Grösse völlig unterschätzt. Zudem war der Schnee extrem schwer zu verarbeiten und wir hatten grosse Probleme als die Neigung der Kuppel immer mehr zunahm, die Steine so zu platzieren, dass sie auch hielten. Der Schnee war so kalt, dass er sich kaum mit den anderen Bricks verband und manche Steine hielten nicht und krachten ins Iglu. In den meisten Fällen hies dies natürlich, dass der Klotz kaputt ging und erst wieder ein neuer gesägt werden musste. Beim ganzen Bau gingen sicher 30 Blöcke drauf, was viel Zeit, Nerven und Energie kostete. Der Frust stieg, die Anzahl der Zigarettenpausen auch. Aber unser Ego liess es nicht zu abzubrechen. Die Stimmung stieg wieder als der Mond kurz nach dem Eindunkeln aufging und das Tal so hell erleuchtete dass der Schnee im Mondlicht zu glitzern begann und sogar Schatten warf.
Der Mondschein erleuchtete unsere «Baustelle» so hell, dass man zum Blöcke sägen nicht mal die Stirnlampe brauchte. So machten wir also weiter und bauten aus Angst dass das Iglu zu hoch werden würde dann zu schnell nach innen, was am Schluss fast in einer Flachdachkonstruktion endete, die mit diesem kalten Schnee einfach nicht mehr zu machen war. Die letzten 3 Stunden verbrachten wir damit die circa 90 cm grosse Dachlucke zu schliessen. Dem Verzweifeln nahe und etliche Dacheinstürze später schafften wirs dann morgens um halb Vier unser Iglu endlich zu schliessen. Komplett kraftlos mit Rücken-, Muskel und Knieschmerzen und einer endlosen Müdigkeit mümmelte ich mich dann in meinen Schlafsack. Dumm war nur, dass wir keine Kraft mehr hatten die Ritzen abzudichten, denn zu allem Überfluss hatte es inzwischen zu Schneien begonnen. Und das Üble war, dass die verdammten Schneeflocken durch die kleinsten Ritzen ins Iglu rieselten. Als ob sich die Schneeflocken daraus ein Spiel machten und genau diese Ritzen anvisierten um uns zu ärgern. Mein Schlafsack ist natürlich nicht wasserdicht und jede Flocke machte das Ding ein bisschen feuchter. Aber ich war einfach zu müde um mich nochmal aufzurappeln. Denn abdichten hätte geheissen, Schlafsack wegräumen, Thermarest weg, Plache zusammenlegen und dann versuchen mit dem ausgetrockneten Schnee die Ritzen zu stopfen, was kaum möglich war, denn der Schnee war inzwischen derart kalt und trocken, dass er sich nicht in die Ritzen stopfen liess und gleich wieder herausrieselte. Es ging einfach nicht mehr und ich schwor mir, wenn ich am morgen aufwachen würde und alles Nass und Feucht wäre, sofort den Rucksack zu packen und abzubrechen.

Trotz kurzen Unterbrechnungen und kleineren Fröstelanfällen schlief ich bis gegen halb elf fast durch. Natürlich quälte mich eine volle Blase. Aber zuerst kochten wir noch feste im Schlafsack eingemümmelt Wasser für einen Kaffee. Unsere Jacken waren ziemlich feucht und die Lust die warmen Füsse in durchgefrorene Schuhe zu stecken war eher mässig. Somit die Überwindung sich aus dem warmen Schlafsack zu puhlen fast unendlich gross. Also Käffchen im liegen, dazu ne halbe Packung Kägifrettlis. Das brachte den Mechanismus so langsam wieder in Gang. Das anziehen der kalten Kleider war dann doch nicht ganz so schlimm, wie man es sich im warmen Schlafsack noch vorgestellt hatte.

Draussen war es merklich wärmer geworden und die Temperatur auf ein paar Grad über Null gestiegen. Himmel bewölkt, leichtes Schneegeriesel. Jakob und ich diskutierten über unsere Flachdachkonstruktion, die sich wohl auch durch die extrem gestiegenen Temperaturen und ihr Gewicht einen geschätzten knappen halben Meter abgesenkt hatte. Nach einigem Hin und Her beschlossen wir, die zu gerade nach innen gebauten Blöcke nochmal abzureissen und neu aufzubauen. So bauten wir die letzten 4 Reihen wieder ab und begannen die Konstruktion auszubessern. Leider schlug dann eine gute halbe Stunde später das Wetter dermassen um, dass an ein weiterbauen kaum mehr zu denken war. Extremer Wind und Schneetreiben vermiessten uns die Stimmung ein weiteres mal. Die Temperatur sank fast innert Minuten wieder auf unter Null und es war dermassen garstig, dass wir uns schweren Herzens entschlossen unser Unterfangen abzubrechen und Sonja, Erci und Lea für die abendliche Schneeschuhwanderung und das Iglu-Fondueessen abzusagen. So packten wir gegen 14 Uhr unsere sieben Sachen wieder zusammen und verliessen, unser zwischenzeitlich wieder halb abgebautes Iglu.

Trotz allem verbrachten wir dann einen gemütlichen Abend mit Fondue und späterem Mondfinsternisgucken bei Lea. Ich möcht nicht wissen, wie sich das Wetter im Sertigtal noch entwickelt hätte, denn wenn es wirklich bis zur Mondfinsternis wieder aufgerissen hätte, würd’s mich grausam wurmen, dass wir die Übung abgebrochen hatten. Aber ich denke trotz allem dass der Entscheid wenigstens vernünftig war. Die nächsten 14 Tage muss mir aber niemand mehr mit Iglubauen kommen. Diesen Stress und eine so kräfteraubende Geschichte muss ich jetzt erst mal verdauen, aber wir werden dieses Abenteuer ganz bestimmt nochmal bei besseren Bedingungen in Angriff nehmen. Und natürlich nie mehr, zu zweit versuchen ein Iglu für 5 Personen zu bauen. Des ist definitiv zu viel und zu schwere Arbeit für einen Bürogummi wie mich.

Fotos, wie immer bei flicker, mehr gibts dann noch von Jak.