Pierres Blog

Was mich bewegt, interessiert und mir Spass macht …

Sansibar – Tag 19 – 13. Januar 2015

Liebe Familie, liebe Freunde und Blogleser. Es macht mir unglaublich viel Spass und ich freue mich über die vielen Kommentare und lässigen Feedbacks. Ihr helft mir damit, dran zu bleiben und täglich meine Stunden vor dem Compi zu verbringen, um meine Erlebnisse aufzuschreiben. Bitte entschuldigt, wenn ich nicht gross auf die Kommentare antworte, aber ich schätze jede einzelne Zeile von euch.

Ich wache kurz nach sieben auf, spüre den Drang nach einem anderen Raum im Haus mit Keramikmöbeln und nutze nach dem Besuch desselbigen meinen, wenn auch noch nicht sehr ausgeprägten Wachzustand zu nutzen und nicht gleich wieder zurück ins Bett zu fallen, sondern mal wieder die Turnschuhe anzuziehen und ne Runde laufen zu gehen. Der Himmel ist noch ziemlich bewölkt, als ich um halb acht das Haus verlasse und Richtung Waves spaziere, ein herrlich frischer Wind bläst mir um die Ohren. Ich bin gespannt, ob ich es bis hinters Zalu schaffe, wie auf meiner ersten Runningrunde hier in Nungwi. Irgendwie fühl ich mich inzwischen ziemlich schlapp. Allzu viel bewege ich mich hier nicht, kann man aber auch nicht, da zwischen 9 Uhr Morgens und 18 Uhr Abends die Hitze kaum sportliche Aktivitäten zulässt. Am Horizont stehen noch ziemlich dunkle Wolken und ich laufe unten am Strand Richtung Schildkrötenstation los, hinter der Kneipe durch die Büsche zum Opera House und auf die kleine Anhöhe dahinter, wo ich umkehre. Es läuft besser als gedacht und ich schaffs sogar in einem Schnuuz wieder zurück bis zum Waves. Gut so, geht doch noch, ich bins zufrieden und die Trägheit, ist wohl doch nur auf die grosse Hitze hier zurückzuführen.

Nassgeschwitzt setz ich mich dann unters Dach und geniesse den Morgen. Ein fünfminütiges kaum spürbares Nieselregenchen befeuchtet grade mal etwas die Luft. Eine Stunde später sind alle Wolken verzogen und ein nächster heisser, sonniger Tag steht bevor. Inzwischen ist auch Barbara aufgetaucht und es gibt Frühstück. Brot und Confi von Sele. Gespannt probiere ich das erste Brötchen, merke aber dass mir meine «einheimischen» selbstgemachten Konfitüren doch besser schmecken. Ich meine, dass etwas zu viel Kardamon den Geschmack der Mango übertönt und dieses Gewürz gehört ja nicht grad zu meinen Lieblingen. Barbara betet mir dann ihre Checkliste herunter und ich ich muss kleinlaut und geduckt zur Kenntnis nehmen, dass ich da nicht mithalten kann. Bisschen Sandrechen, Blog schreiben, ähhh… vielleicht mal Terrasse durchfegen. Damit bin ich nicht gerade konkurrenzfähig. Da fällt mir zum Glück noch ein, dass sie auch die tiefhängenden Palmblätter, ihrer schönen Palme vor dem Haus zurückstutzen wollte und ich darauf freudig verkünde, dass sie diese Position wohl auf der Checkliste vergessen hätte und wir das doch zusammen angehen könnten. Auf mein gutgemeintes Angebot, diese Position auf ihrer «unvollständigen» ;-) Liste noch zu ergänzen, wird nicht eingegangen. Trotzdem nehmen wir die Aktion nach dem Frühstück in Angriff und daraus erwächst unerwartet ein kleineres Projekt.

Mit der Leiter bewaffnet, positionieren wir uns unter dem Baum. Mit meiner Idee, dass mein Sackmesserli eine scharfe Säge hätte, die sich fürs Abschneiden der zähen Palmblätter bestimmt ganz gut eignen könnte, steh ich aber auf verlorenem Posten, als das Frölein Barbara einen Augenblick später mit einem Profiknipser der gröberen Art angerauscht kommt. Staunend, beschämt, duck ich mich weg und merke, dass mein Vorschlag meines Victorinox-Messerlisägelis bei ihr wohl nur ein müdes lächeln hervorgerufen hat. Ich hab ein Bild vor mir, wo ich gegen einen Baumfäller im Amazonasgebiet mit meiner Taschenmesservariante, gegen eine Hochleistungs-Motorsäge zum fällen eines Urwaldriesen antrete ;-) But, back to business. Den ersten Zweig kann ich mit gestreckten Armen vom Boden aus erreichen und ihn zu mir herziehen. Als ich mich mit meinem ganzen Gewicht dranhänge, bricht der Zweig ab und kracht in den Sand. Nix passiert, erster Patient erlegt. Die weiteren Wedel sind dann aber zäher und so steige ich mit dem Riesenknipser auf die Leiter und wir schneiden vier oder fünf Zweige so weit oben wie möglich ab, um dem Haus wieder etwas Luft zu geben. Als ich die abgeschnittenen Zweige zu Edi rüberschmeissen will, meint Barbara, dass wir sie vors Haus an die Strasse legen sollen, weil die Einheimischen daraus Palmbesen machen und solche Dinge gerne einsammeln. Dazu trennen sie die einzelnen schmalen Blätter vom ganzen Wedel ab und schälen dort die Blattrippen heraus, die dann zusammengebunden werden. Aber dazu morgen mehr. So werden die abgeschnittenen Dinger vors Haus gelegt. Vor dem Haus, auf Edis überwucherten Grundstück nebenan, steht heute eine Kuh und ist am Weiden. Man sieht das sehr oft hier, dass die Kühe irgendwo auf ein Stück Land gestellt werden, oder neben die Strasse und an einem Strick angebunden sind. Barbara bringt der Kuh einen Kübel Wasser zum trinken, da kommt gerade ein Schwarzer (Kilele) mit seinem Sohn vorbei und warnt Barbara davor zu nahe an die Kuh zu gehen und zieht das Tier etwas zur Seite. Er sieht unseren Palmschnitt und fragt sie, ob er es mitnehmen darf, was Barbara ihm gerne gestattet und wir es ja deshalb auch an der Strasse gelegt haben. Er fragt sie dann gleich, ob es vielleicht noch mehr Arbeit gäbe, worauf ihr gleich einfällt als sie den Kleinen sieht, dass sie uns die Kokosnüsse von der Palme holen könnten. So lassen wir die beiden in den Garten und sofort kraxelt der der Sohn den Stamm hoch und übers Dach in die Baumkrone. Dort schält er zuerst all die morschen Teile der Rinde und Blattansätze sauber weg um dann mit Fusstritten die erreichbaren Nüsse herunterzuwerfen. Irgendwann fragen sie dann nach einem Messer. Der Versuch des Vaters, das ihm gereichte Brotmesser auf den Baum zu werfen, scheitert aber und wahrscheinlich ist das Ding eh zu klein. Mir fällt ein, dass ich gestern hinter Malous Haus ein Panga habe liegen sehen. Eine Art Buschmesser, dass sich dazu hervorragend eignet, da es gross ist und man damit gut die Stile abschlagen kann. Nun kraxelt der Vater ebenfalls den Stamm hoch und reicht seinem Sprössling das Messer. Nun geht die weitere Ernte ratzfatz und die Kokosnüsse purzeln nur so in den Sand. Bestimmt zwanzig bis dreissig Früchte werden so geerntet und der Baum ist wieder frisch gepflegt fürs nächste halbe Jahr. Hier im Haus braucht niemand mehr Angst zu haben, von einer Nuss erschlagen zu werden, was hier in Afrika dann und wann schon mal passieren kann. Die beiden dürfen die Nüsse mitnehmen und organiseren ein Wägelchen, um das Gut abzutransportieren. Sie helfen noch beim Zusammenräumen und Kilele schält und öffnet uns allen mit routinierten Handgriffen mit dem grossen Messer je eine Nuss. Die Dinger sind randvoll mit nicht wahnsinnig geschmackvollem, klaren Wasser. Als ich meine Nuss leergetrunken habe, fühl ich mich pappvoll. Nun schält er die ganze Nuss noch sauber, bis aufs Holz, bricht sie auf und puhlt uns das Kokosfleisch heraus. Zwei der Früchte sind noch nicht ganz reif, aber schon essbar, eine davon fast schon perfekt. Ein Weilchen später tragen sie dann die ganzen Nüsse weg. Barbara bekommt noch die Telefonnummer von Kilele. Man weiss ja nie, ob er mal wieder für eine Arbeit engagiert werden kann. Freundlich verabschieden wir uns und knipsen noch ein Foto.

Bein uns geht der Tag entspannt weiter. Jeder werkelt ein bisschen was, oder liest. Die Mädels sind immer noch mit ihrem Container-Trauma beschäftigt, wo es einfach nicht weitergehen will. Die ganze Geschichte dreht sich endlos im Kreis. Jeder der vielen Beteiligten, seien es Ämter, der Hafen von Dar, der Clearing Agent Sele in Sansibar Town, oder der Transporteur, sagen jedes mal was anderes, was sie noch benötigen oder nicht. Und das was sie nicht benötigen, widerlegt der nächste in der Kette dann wieder. Ein Verwirrspiel unter Nichtwissenden ;-)

Am späteren Nachmittag ziehen wir dann Richtung Nungwi Inn, wo wir auch schon Abendgegessen haben, weil es dort einen TV gibt und wir das Finale des lokalen Fussballturnieres schauen möchten. Besonders King würd gerne und sagt uns, dass das Spiel um 16:00 Uhr beginnt. Als wir im Resti unter dem riesigen Palmendach sitzen und unsere Drinks bestellen, fragen wir, ob sie das Spiel zeigen, worauf der Kellner kurz verschwindet und mit der Antwort zurückkommt, dass das Spiel erst um 19 Uhr startet. Für uns ist das ok und so entscheiden wir, dass wir den Nachmittag hier bleiben und dann auch gleich hier Abendessen. Barbara verliert dann etwas unglücklich ein Knobelspiel, weil wir beiden die Zeit gerne mit einem Triomino überbrücken wollen und muss das Spiel zuhause holen. Sind doch je zehn Minuten Weg, was in der Mittagshitze nicht sein muss. So spielen wir ein paar Runden, stecken die Füsse unter dem Tisch in den Sand und geniessen ein kaltes, ähh nach zwei Minuten noch kühles, nach fünf – lauwarmes und danach warmes Bier dazu. Verrück wie schnell das hier geht. Genauso verrückt, wie im Winter, wenn man bei satten Minusgraden in einer Schneebar ein Bier bestellt, wo wenns wirklich «schön» kalt ist, nach dem Öffnen eine Eissäule aus dem Flaschenhals steigt. Bei meinem nächsten Afrika-Urlaub werd ich dann so eine Isolations-Neopren-Haltmichkalt-Bierkühlerdingens mitnehmen. Beim eindunkeln bestellen wir dann unser Essen. Ich entscheide mich heute für einen Fish Cake. Keine Ahnung, was das ist, aber klingt irgendwie lustig. Als ich das mit einem lächeln bestelle und den Kellner beim weglaufen hinterherfrage, was das denn überhaupt sei, antwortet er etwas verdattert etwas in der Art: kleingemachter Kingfish. Ich bins zufrieden und warte. Inzwischen ist sieben durch und im TV laufen schon seit endloser Zeit die News. Als King dann irgendwann fragen kann, ob sie das Spiel nun zeigen können und den Sender wechseln würden, bekommen wir zur Antwort, dass sie diesen Sender hier gar nicht empfangen können. Haha… geil! Das ist mal wieder so ein «thats Africa»-Moment. Keine Ahnung, ob wir aneinander vorbeigeredet hatten, uns der Keller Mittags nicht verstanden hatte, dass wir das Spiel sehen wollten, oder ob er einfach keine Lust hatte, den TV umzustellen. Mich kümmerts nicht so wahnsinnig, hab ich von diesem Turnier doch nur kurz mal in Tanga an zwei Abenden was mitbekommen und wenn man die Teams und den Spielverlauf eines Turniers nicht kennt, ist es auch nicht wahnsinnig spannend. King sucht dann eine andre Kneipe und geht. Er hat vor uns sein Essen bekommen und wir vereinbaren, dass wir uns bei ihm melden, wenn wir mit dem Essen fertig sind. Geil ist, dass die Geschichte dann erst um neun startet, glaub ich auf jeden Fall, hab das Ganze nicht mehr so richtig im Griff. Anyway. Bevor wir das Essen bekommen, lässt sich neben uns noch eine Gruppe von acht Ukrainernern nieder (7 mit Höschen, eine nach Aussage der Damen ohne!!!), die uns wunderbar unterhält und wir schön ablästern können. Die Truppe fährt mit gefühlten 5 Kilo Obst, 2 Flaschen Vodka und Tüten gefüllt mit irgendwelchem Brot und was weiss ich noch für Knabber- oder Vorspeisenkram ein. Das höschenlose Geschöpft erweckt nun natürlich auch meine Aufmerksamkeit und steht die ganze Zeit immer vom Tisch auf, läuft mal Richtung Küche oder Klo und hin und her, aber ich schaffs auch nicht, trotz genauem Hinschauen, diese Frage zu klären. Und Fragen trau ich mich definitiv nicht :-(

Nachdem wir bezahlt haben, entscheiden wir Verbliebenen uns dann nach Hause zu gehen und den Match sausen zu lassen. Im Supermarket neben dem Nungwi Inn läuft in der Ecke ein Mini-TV mit etwas rauschigem Bild und ebensolchem Ton, der das Spiel zeigt. Es steht bei Halbzeit 0:0. Damit können wir leben und dieses Kapitel abhaken. Zuhause gibts noch den obligaten Kaffee und etwas später trudelt dann auch King ein. Ich muss lachen, als er erzählt, dass das Spiel im Penalti-Schiessen entschieden wird, er aber davor gegangen ist, weil er Penaltientscheidungen nicht mag. Ich könnt in so einem Moment ein Spiel nie verlassen, egal ob ich Penaltischiessen nun lässig finde, oder es Glückssache taxieren würde. So legen wir uns dann auch bald schlafen. Morgen klingelt der Wecker um halb sechs :-(

Gute Nacht Insel, gute Nacht Kokospflücker