Pierres Blog

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Scillywall – Tag 5 – 26. Juli

St Martin’s

St Martin’s Day. Das Inselhopping gehört auf den Scillys zum normalen Touristenprogramm. Für den heutigen Tag haben wir uns St Martin’s ausgesucht. Bevor es zum Frühstück geht, verabrede ich mich spontan mit Barbara zu einem early Walk. Wir möchten den kleinen Stadtmulti suchen, den wir Tags zuvor gelöst haben. Das Finale liegt auf der Westseite von Garrison Walls, der alten Festungsanlage die fast den ganzen Hügel, westlich von Hugh Town einnimmt. Kurz nach Acht machen wir uns bei herrlichem Sonnenschein auf den Weg und umrunden nach kurzer Suche dann gleich noch die ganze Halbinsel. Herrlich, wenn man um diese Zeit schon unterwegs ist und noch keine Touristen die Wege und das Städtchen bevölkern. Die Festungsmauern, wenn auch nicht sehr hoch, sind rund um die Halbinsel noch intakt, oder wurden wieder aufgebaut. Immer wieder gibt es Ausbuchtungen, wo noch alte Kanonen stehen. Verrückt aus heutiger Sicht, wenn man bedenkt, wie man sich früher vor dem Feind zu schützen versucht hat. Die Runde ist dann doch etwas weiter als wir gedacht hatten, weshalb wir eine viertel Stunde zu spät zum Frühstück kommen. Dave serviert wie immer gut gelaunt die gekochten Beilagen, die wir jeweils am Abend zuvor auf einem Blatt Papier individuell bestellen können. Dazu bringt er immer frischen Kaffee, sowie dunklen und hellen Toast, ganz wie wir das wünschen. Inzwischen hab ich wieder gelernt, dass ein poached Egg, ein pochiertes (im Wasser gekochtes) Ei ist. Kurz vor Neun steht auch wieder Joe in der Türe und sagt uns, nachdem er sich nach unserem Tagesziel erkundigt hat, wann die Boote am Morgen nach St. Martin ablegen und wann sie Abends wieder zurück fahren.

Am Quai ist um 10 Uhr wieder viel los und auch der Kurs nach St. Martin’s wird heute wieder doppelt geführt. Ich mag die einfachen Holzboote und staune immer wieder, wie viele Menschen darauf Platz finden. Die Leute werden einfach rundherum auf den Bänken platziert oder in der Mitte des Bootes auf die Kisten gesetzt, wo glaub ich die Schwimmwesten drunter verstaut sind. Auf jedem Boot gibts den Kapitän und einen Bootsjunge. Dieser hilft den Passagieren beim ein- und aussteigen, macht das Boot fest und wieder los und ist für die Billettkontrolle zuständig. Das geht hier alles so entspannt und easy. Ich hab mir England immer etwas steifer und weniger locker vorgestellt. Aber wie es scheint, scheinen die Scillianer ein ganz spezieller Menschenschlag zu sein. Ian und Dave meinten zum Beispiel bei unserer Ankunft, dass wir die Türen nicht schliessen müssen, da hier auf der Insel nichts gestohlen würde. Toll wenn man das in der heutigen Zeit nach sagen und auch leben kann.

Die See ist ruhig und die Sonne brennt schon wieder ganz schön. Auf St. Martin’s werden wir im Nordwesten, in Lower Town an Land gebracht. Zurück gehts dann an von einem anderen Quai am Südzipfel. Einige Inseln habe zwei Quais, die je nach Gezeiten angefahren werden. Nach kurzer Besprechung entscheiden wir uns für einen Spaziergang zur Little und Great Bay, nach Aussage von Dave und den Beschreibungen in den verschiedenen Reiseführern, einer der schönsten Strände auf den Isles of Scilly. Eigentlich sind diese beiden Bays eine grosse Bucht die nur durch eine kleine Felsformation aufgeteilt ist. Der Strand ist aber durchgehend. Der Weg führt durch hohe Farn- und Stechginsterfelder über den Tinklers Hill. Die Aussichten sind einmal mehr atemberaubend, die Farben intensiv und kräftig. Die Fotoapparate laufen wieder heiss und wir geniessen jeden Schritt auf den weichen torfigen Wegen. Dank GPS und Handykarten ist es ein leichtes, den richtigen der vielen Pfade die zur Bucht führen zu finden. Dazwischen lassen wir uns, wenn die Pfade mal sehr schmal werden die Waden von den fiesen Stacheln der Stechginster «massieren».

Die Bucht wird im Norden von einer tollen Felsformation begrenzt und legt sich in weitem Bogen in die Landschaft. Wir suchen uns ein Plätzchen und ziehen uns die Badesachen an. Auch wenn ich weiss, dass das Wasser hier empfindlich kalt ist, lass ich mir einen kurzen Schwumm nicht nehmen, auch wenn es einiges an Überwindung kostet, hier ins Wasser zu gehen. Die Temperaturen liegen grad mal bei ca. 17 Grad. Diese kleine Challenge möchte ich einfach bestehen, denn besseres Wetter und tollere Bedingungen wird es hier wohl nicht geben. Und wem will ich denn zuhause erklären müssen, der die Fotos von diesen tollen Stränden sieht, dass ich hier nicht im Wasser war. So verbringen wir eine gute Stunde an diesem weissen Traumstrand, mit glasklarem Wasser und lassen es uns gut gehen. Nach der Badepause spazieren wir gemütlich weiter Richtung Churchtown. Hier kommen wir erst an einem kleinen Store vorbei, wo ich mir für £7.50 eine neue Sonnenbrille kaufe. Meine Alte hab ich Dusel beim Abtauchen beim Kurzschwumm im Meer versenkt, weil ich nicht mehr dran gedacht hatte, dass ich sie immer noch auf dem Kopf hatte. Ein paar Meter weiter finden wir dann noch ein gemütliches Tea Room mit hübsch Garten. Wegen der vorgerückten Zeit (nach 14 Uhr) gibts zwar keinen Lunch mehr, aber in der Vitrine locken feine Kuchen und Gebäck zum Verzehr. Dazu gibts natürlich Tee.

Barbara und ich entscheiden uns nach der kleinen Rast, den Insel-Spaziergang noch etwas auszuweiten und weiter zum Day Mark im Nordosten zu laufen. Ein auf vielen Bildern abgebildeter rot-weiss gestreifter Markierungsturm. Dieses Wahrzeichen existiert seit dem 17. Jahrhundert und sieht von weitem aus, wie eine Rakete aus einem Bilderbuch. Der Spaziergang fasziniert einmal mehr durch atemberaubende Aus- und Weitblicke, vorbei an einsamen Buchten. Im Blickfeld fast immer das rotweisse Bauwerk. Mich faszinieren solche Bauten und ziehen mich magisch an. Am Ziel machen wir eine Pause und ich lasse meine Drohne steigen, um etwas Praxis zu bekommen. Vor meinem Urlaub hab ich grade mal zwei Testflüge damit absolviert. Ich fühle mich noch alles andere als sicher und bin ganz froh, dass die Drohne Funktionen wie «zurück zum Ausgangspunkt» kennt, die man jederzeit aktivieren kann und das Fluggerät, auch wenn man es nicht mehr sieht, ohne weitere Hilfe zum Startpunkt zurück kehrt. Trotz des recht heftigen Windes fliegt dieses kleine Wunderding wacker seine Runden und liefert ein paar nette Bilder aufs Handydisplay. Zuhause merke ich dann aber, dass die Speicherkarte kaputt ist und nur durch Zufall entdecke ich eine aktivierte Funktion, die wenigstens einen Teil der aufgezeichneten Videos in niedriger Auflösung auf dem Handy zwischengespeichert hat. Barbara setzt sich derweil hin und malt den Turm in ihr Zeichenheft. Für den Weg zum Higher Town Quai brauchen wir dann noch eine knappe halbe Stunde und müssen dort noch ein Momentchen aufs Boot warten. Das spielt bei dem Prachtswetter aber überhaupt kein Rolle. Mami und Brigitte treffen wir erst zuhause wieder. Sie haben nach der Rast im Tea Room das frühere Boot genommen. Zurück im Linwood Cottage verabreden wir uns dann noch zum Abendessen. Bis dahin bleibt uns eine gute Stunde Zeit, genug um etwas zu relaxen und sich wieder frisch zu machen.

Da wir für den heutigen Tag nirgends einen Tisch reserviert haben, spazieren wir einfach los und landen im Atlantic Inn. Ein wunderbares und sehr gut besuchtes Pub, welches zu meinem Erstaunen eine sehr reichhaltige Karte bietet. Ich bestelle mir zur Vorspeise Miesmuscheln an einer Weisswein-Rahmsauce. Zu meinem Erstaunen sind die Dinger richtig lecker. Der Hauptgang, Chicken in Parmesankruste ist dann zwar ganz ok, aber die Hühnchen sind etwas gar gut gegart und trocken und eher auf der faden Seite. Die Atmosphäre in den sehr niedrigen Räumen ist aber richtig heimelig und authentisch. Wie in den Pubs üblich, wird an der Theke bestellt. Die Getränke kann man gleich mit an den Tisch nehmen, die Speisen werden unter Nennung der Tischnummer dann an den Tisch gebracht.

Unser Tag auf St. Martin’s war wieder ein langer und wir alle waren nach dem Essen ziemlich müde. Die Sonne brannte den ganzen Tag unerbittlich, auch wenn die Temperaturen danke der Brise im angenehmen Bereich blieben. Trotz allem merkten wir, dass wir den ganzen Tag draussen an der frischen Luft und auch ein ganzes Stückchen gelaufen waren. So gehts dann nach dem Essen direkt nach Hause. Mami und Brigitte verabschieden sich und legen sich schlafen, Barbara und ich versuchen nochmal die genaue Adresse für unser Airbnb in Cornwall herauszufinden. Während Barbara die Rechnung bei Dave unten in der Stube begleicht, suche ich nochmal die Adresse hervor, die mir aber in Google Maps nie ein eindeutiges Haus anzeigt. Als ich im Esszimmer auf meinem Laptop herum klicke, steht plötzlich Dave hinter mir und bietet mir seine Hilfe an. Dank der genaueren Postleitzahl, die mir Susan nochmal auf Anfrage geschickt hat, finden wir mit seiner Hilfe doch noch den genauen Standort des Hauses und ich erfahre auch endlich, wie das britische System mit diesen Zahlen- und Buchstabenkombinationen bei den Adressen funktioniert. Der erste Teil der Postleitzahl kennzeichnet eine Region, der zweite Teil markiert dann ganz feingliedrig nur noch eine Strasse, einen Strassenabschnitt oder auch ein einzelnes Haus oder Gehöft. Nun machen diese eigenartigen Postleitzahlen, die ich bis dahin nie verstanden hatte plötzlich Sinn und wir fallen, nachdem unser Problem gelöst ist, mit Dave und Ian in ihrem Wohnzimmer in ein angeregtes Gespräch. Unsere zwei Gastgeber sind wirklich ein unglaublich freundliches und aufgeschlossenes Paar, das man schnell ins Herz schliesst und sich schnell aufgehoben und zuhause fühlt.