Pierres Blog

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Wanderweekend auf die Piano delle Creste

piano-delle-creste
Spontanentscheide tun gut und bergen oft Überraschungen und Unerwartetes. Geplant war eigentlich ein Wanderweekend zu viert in der Deutschschweiz. Weil dort aber der Sommer grad auf Urlaub war und die Hälfte der Gruppe kurzfristig absagen musste, lag das ganze erst mal auf Eis… bis Freitag. Ich hatte Nadja am Freitag per skype mal gesagt, dass ich das verregnete Wochenende vielleicht arbeiten werde und mir dafür Mitte Woche mal einen Wandertag gönnen werde. Spontan entschieden wir dann aber: Egal, wir gehen einfach zu zweit ins Tessin, denn dort waren die Wetterprognosen so einigermassen passabel. So machten wir uns auf die Suche. Ich hatte zwischendrin mal ne Stunde Zeit und googelte mit durch die Tessiner SAC Hütten und klickte in der Swisstopo herum und wurde dabei auf die «Piano delle Creste» aufmerksam. Das Bild der Hütte hatte mich schon fast überzeugt und als ich mir Karte und weitere Infos über diese Region angeschaut hatte, war ich schon hin und weg. Nadja liess sich auch schnell überzeugen und zu meiner Überraschung hatte es inder Hütte sogar noch Platz. Also hab ich gleich mal zwei Plätze gebucht und die Tickets für die Weltreise ins Tessin gekauft.
Wer keine Lust zum weiterlesen hat: Bilder bei flickr.

Morgens um fünf dann aus den Federn und um sechs müde in den Zug gestiegen. Die Hosen war schon mal nass, denn auf dem Weg auf den Bahnhof hats mich doch schon mal schön verregnet. Die Reise ins Bavonatal ist ziemlich aufwändig: Erst gehts mit dem Zug mal schön Rictung Süden: Zürich – Bellinzone – Locarno. Dann mit dem Bus wieder zurück nach Norden, das Maggiatal hoch bis Bignasco und dann mit dem Poschtauto weit hinein ins Val Bavona, bis nach San Carlo. Pünktlich, fast auf die Minute beginnts dann zu regnen. Also nochmal Kaffeepause im Beizli bei der Bushaltestelle bis es uns dann um 12 Uhr doch langsam zu viel wird und wir uns entscheiden trotzdem loszulaufen. Der Entscheid passte, denn der Regen hörte wieder auf und wir starteten den steilen Aufstieg ins Val Antabia. Schon das Val Bovina ist wunderschön. Die typischen tessiner Steinhäuschen der kleinen Dörfchen sind alle in überraschend gutem und oft frisch restauriertem Zustand. Heute wohl eher als Ferienhäuschen genutzt, aber immer noch sehr authentisch. Herrlich! Zeit zum einlaufen hat man hier nicht. Aus der Beiz über die Brücke und dann über endlose Treppen gehts steil bergauf. Regenjacke und warme Fliessjacke müssen wir nach 10 Minuten im Rucksack verstauen. Es ist schweisstreibend aber herrlich. Der Aufstieg geht erst durch Laubwälder bis ca. 1500 Meter. Immer wieder passiert man kleine Alpen mit wunderschönen Rusticos. Auch diese sind meist frisch hergerichtet und in gutem Zustand. Die Laubbäume werden hier oben durch wunderschöne lichte Lärchenwälder abgelöst. Kurz vor der Corte Grande beginnt uns dann der Hunger zu plagen und wir halten Ausschau nach einem trockenen Stein, sehen dann aber etwa hundert Meter weiter oben das Holzkreuz, dass zu Alp gehört und entscheiden dort oben nach einem trockenen Mittagsplätzchen zu suchen. Die hübsche kleine Siedlung bietet dann auch ein windgeschütztes Plätzchen und während des Essens zeigt sich dann zum ersten mal auch die Sonne und taucht die Landschaft in ein wunderbares, kontrastreiches Licht. Wir sind beide von der Umgebung hier begeistert. Die letzten 200 Höhenmeter sind dann schnell überwunden, obwohl wir beide schon ziemlich müde Beine haben.

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Die Hütten der Piano delle Creste begeistern mich dann total. Wunderschön im Talkessel gelegen sind sie so gar nicht typisch SAC. Die kleine Siedlung besteht aus zwei restaurierten oder eher wieder aufgebauten Hauptgebäuden und einem kleinen Zwischengebäude mit gedeckter Feuerstelle. Emsiges treiben rund um die Hütte. Die Mitglieder des Vereins eröffnen an diesem Wochenende die Hütte und da gibts viel zu tun und wieder herzurichten. Wir werden freudlich empfangen und gehen nach kurzer Rast noch zu den beiden Seen die in einer kleine Mulde oberhalb der Hütte liegen. Der Schnee dürfte erst seit ein paar Tagen weg sein. Kaum vorzustellen, wie’s hier ausschaut wenn alles Grün ist. Kurz nach sechs sind wir wieder zurück und freuen uns aufs Abendessen. Der Duft von Rosmarin und Fleisch strömt uns schon draussen entgegen und wir werden mit einem phantastischen Abendessen überrascht. Als einzige auswertige Gäste sitzen wir zwischen den parlierenden Tessinern und geniessen deren Gastfreundschaft, bis wir uns dann gegen halb Elf müde in der oberen Hütte hinlegen.

piano
In der Nacht hats dann nochmal mächtig abgekühlt und vereinzelte Schneeflocken tanzen am frühen Morgen noch in der Luft herum. Nach dem Frühstück machen wir uns dann auf den Rückweg. Die harte Tour über Crasa Pass und dei Crosa Seen ist Nadja aber zu deftig und so entscheiden wir uns für die vermeintlich einfachere Variante über den Fornasel Pass. Aber auch diese Tour ist nicht ganz ohne, müssen wir doch einige abschüssige Schneefelder queren und durch oft wegloses Gelände kraxeln. Aber Nadja ist tapfer und überwindet ihre Höhenangst an ein paar kniffligen Stellen. Die Landaschaft und rauhe Natur hier oben ist einmal mehr phantastisch. Der eisige Nordföhn bläst uns aber manchmal fast weg. An Rast ist nicht wirklich zu denken. Es ist bitter kalt, aber wir sind ja immer schön in Bewegung und trotzen den garstigen Bedingungen. Ich bin froh, dass ich die Routen auf mein GPS geladen habe, denn an der einen oder anderen Stelle müssen wir doch den Weg suchen und da ist der kleine Helfer doch recht praktisch und weist einen bevor man sich verlaufen hat wieder in die richtige Richtung.

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Nach der Überquerung des Fornasel Passes gehts dann endlos und oft sehr steil wieder hinunter ins Tal. Wieder vorbei an verschiedenen hübsch gelegenen kleinen Alpwirtschaften. Anfangs in felsigen Geröllhängen, dann über Wiesen und wieder hinein in die lichten Lärchenwälder. Baumriesen überraschen immer wieder: Anfang sind es stämmige und wohl gegen tausend Jahre alte Lärchen und Weisstannen unten im Tal dann unheimliche Kastanien-Riesen. Phantastisch. Die Tour ist so abwechslungsreich und es gibt auf jedem Wegabschnitt etwas zu entdecken. Die Strecke ist ganz oben manchmal etwas tricky, aber mir gefällt sowas natürlich. In Rosed erreichen wir dann wieder den Talboden und laufen den letzten Kilometer noch bis Foroglio, wo wir uns mit müden Beinen erst mal aus dem Rucksack noch verpflegen, bevor wir im gemütlichen Restaurant neben dem imposanten Wasserfall uns bei Kaffee und Kuchen wieder aufwärmen. Hier lohnt es sich bestimmt auch mal zum Abendessen vorbei zu schauen, denn aus der Küche duftet es uns herrlich entgegen.
Um Vier steigen wir dann wieder in den Bus und die Tour de Suisse geht wieder los. Von Foroglio wären es Luftlinie grad mal gut 15 km nach Airolo, aber bis wir mit dem Zug wieder dort sind, sind wir mal gut 3 Stunden unterwegs. Egal. Ich habe für mich auf jeden Fall wieder eine wunderschöne Ecke Schweiz entdeckt, wo ich sicher nicht zum letzen Mal war. Besonders die Piano delle Creste hats mir angetan und die auch die Wanderung dorthin ist wunderschön. Wer also mal einen Wandertipp der besonderen Art braucht: Hier werden sie geholfen. :-)
Bilder bei flickr.