Pierres Blog

Was mich bewegt, interessiert und mir Spass macht …

Previous post: «

Vom Pickelsausen, Elmsfeuer und dem Schneesturm im August

Bächistock Gipfelbild
War schon mal jemand im August im Schneesturm unterwegs oder kennt jemand den Begriff Elmsfeuer oder Pickelsausen? Bis heute morgen hatte ich das eine noch nicht erlebt und vom anderen noch nix gehört. Nun bin ich schlauer, viel schlauer und denke dass es besser ist, wenn mir sowas nimmer widerfährt. Aber alles schön der Reihe nach. Ach übrigens für die Fotogucker. Da gibts diesmal nicht mehr als das Handy-Gipfelbild, da’s Peterle die Speicherkarte für die Digicam vergessen hatte.

Seit meinem Kletterkurs im Juni bin ich vom Hochtourenvirus infiziert. Dieses Wochenende hats nun endlich nach mehreren Anläufen geklappt. Mit meinem Göttibueb Lukas hab ich eine Tour auf den Bächistock geplant. Die Wetterprognosen fürs Weekend waren mal wieder nicht umwerfend, aber auch nicht schlecht. Also zogen wir Samstags los und konnten bei herrlichem Sommerwetter auf die Glärnischhütte aufsteigen. Tolle Hütte, von zwei Mädels bewirtet und hervorragend in Schuss gehalten. Ich hab noch nie ein so perfekt geordnetes Gestell mit Hüttenfinken gesehen. Aber nicht irgendwelche alte Styloschlüpfer aus Kustleder mit gebrochener Sohle, mit Bostich und Draht geflickten Riehmen oder durgelatschtem Fussbett. Nöööööö, da stehen alles hübsch gepflegte Adiletten und im Gestell wo Schuhnummer 42 draufsteht, ist auch 42 drin ;-) Aber das interessiert euch wohl kaum. Dann schon eher, dass das essen lecker ist und die Hütte wirklich für nen Ausflug lohnt, auch wenn der Aufstieg lange und mühsam ist. Wir fläzten also vor der Hütte bei herrlichen T-Shirt-Temperaturen rum, bis es um halb sieben Abendessen gab. Ich war ziemlich erstaunt, dass nur 13 Gäste da waren. Brav wie wir in den Bergen immer sind, gingen wir kurz nach 10 Schlafen.

Bächistock-Route
Für Sonntag war Tagwacht um 6:30 Uhr geplant. Aber … da war der Himmel grau in grau, die Bergspitzen in Wolken gehüllt und es nieselte. Also verschoben wir das Frühstück um eine Stunde. Alle anderen auf der Hütte wollten aufs Vrenelisgärtli und es machten sich alle um halb acht, bei immer noch trübem Himmel, auf den Weg. Der helle Horizont im Westen machte uns allen Mut und wir waren uns einig, dass es schon noch gut käme. Das Wetter hielt so so la la. Ein bisschen Nieselregen beim Aufstieg und als wir uns die Steigeisen und den Klettergurt für die Gletscherüberquerung anzogen, beganns nochmal etwas stärker zu regnen und Nebel zog auf. Das Couloir, welches wir für den Bächistock durchqueren mussten war erschreckend steil und nur noch bis zur Hälfte mit Schnee bedeckt. Es war mir aus der Ferne nicht ganz wohl dabei, aber wir wollten einfach mal schauen, wie das ganze aus der Nähe aussah und so querten wir den Gletscher. Das Teil wurde aber durchs näherkommen nicht weniger steil, aber mit den Steigeisen und den Eispickeln schiens doch machbar. Also hoch bis ans Ende des Schneefeldes und dann über zünftige Felsformationen bis ganz oben durch. Für mich war die Kletterei ziemlich am Limit meines Könnens, aber Lukas war ein toller Partner und so nahmen wir gemeinsam am Seil diese Klippe.

Oben kamen wir dann in dicken Nebel, der bis wir wieder unten sein sollten sich für keine 5 Sekunden auflösen sollte. Zum Glück hatte ich mein GPS dabei und auch die Route programmiert, sodass wir mithilfe des GPS im Blindflug weiterlaufen konnten, immer noch in der Hoffnung, dass die Wolkendecke vielleicht doch noch aufreissen sollte. Der Regen hatte ja in der Zwischenzeit wieder aufgehört. Bis hinauf zum Bächistockfirn gabs immer wieder ein paar Felsformationen zu durchklettern und es blieb ziemlich tricky. Dann gings weiter über den Firn hinauf zum Bächistock. Der Nebel war so dick, dass wir kaum mehr als 30 Meter weit sahen. Wir legten aber deutliche Spuren im 10 cm tiefen Schnee der auf dem Firn lag, der wahrscheinlich in der Schlechtwetterperiode der letzten zwei Wochen gefallen war. Dann endlich tauchten die Felsklötze vom Bächistock linker Hand auf und wir mussten nochmal über einen furchtbar ausgesetzten Grat hochklettern. Ich war ganz froh um den Nebel, denn so sah man nicht, wie weit es auf beiden Seiten runter ging. Es war nur zu erahnen, dass es wohl verdammt weit war ;-) Nach vielleicht einer viertel Stunde erreichten wir das Gipfelkreuz. Immer noch fetter Nebel und dann begann der üblere Teil unseres Ausflugs.

Der Blitzableiter am kleinen Gipfelkreuz surrte und sobald man mit der Hand näher herankam hörte es auf. Hmmm, eigenartig. Ist wohl was mit der feuchten Luft hier, dachten wir und rätselten um dieses Phänomen. Wir setzten uns trotz eisigem Wind kurz hin und verpflegten uns aus dem Rucksack. Dann beganns plötzlich zu Hageln und das nicht zu wenig. In windeseile alles eingepackt, Pickel hinten auf den Rucksack und so schnell wie möglich absteigen. Aber hallo, nun surrten unsere Eispickel, wie der Blitzableiter des Gipfelkreuzes. Ich sage es Lukas, er wollte es erst nicht glauben, aber auch sein Pickel sirrte ihm ins Ohr. Als dann plötzlich noch ein Donnerschlag über unseren Köpfen zu hören war, war uns klar, dass da wohl ne ziemliche Spannung in der Luft lag und dies der Grund für die Geräusche waren, die klangen wie ein kleines Elektromotörchen oder das sirren einer Hochspannungsleitung im Nebel. Wir also so schnell wie möglich runter vom Grat. Nur war dies leichter gesagt als getan, weils gar keine Alternative gab. Der Hagel ging dann in einen fetten Schneesturm über und die Steine wurden schon rutschig. Zum Glück gabs keine weiteren Donnerschläge mehr. Dafür preschte uns nun ein richtiger Schneesturm ins Gesicht. Die Backen frohren uns fast ein. In Nullkommanix fielen ein paar Zentimeter Schnee. Zum Glück legten wir auf dem Firnfeld so tiefe Spuren beim Aufstieg, dass wir diesen easy wieder folgen konnten und keine Zeit mit GPS lesen verschwenden mussten. Sie waren zwar beim Rückweg schon zugeschneit, man konnte sie aber immer noch sehen. Die Sicht um uns herum war immer noch Supinull. Aber die Spuren im Schnee zeigten uns den Weg und danach half im Fels das GPS wieder weiter.

Nur war das Problem der Orientierung nicht wirklich eins, sondern der Schnee und Hagel der die Felspassagen in rutschige und nicht mehr einsehbare Kletterpassagen verwandelte. Unsere Handschuhe waren durchnässt und trieften. Mit grösster Vorsicht und gegenseitigem Sichern schafften wirs wieder bis zum Schneefeld im Couloir. Beim Aufstieg machte ich mir noch Sorgen über den Abstieg in diesem steilen Schneefeld. Als wir aber nach der heftigen Kletterei dort endlich ankamen, wirkte dieses Teil plötzlich, als wärs das einfachste der Welt. Wir freuten uns, wieder berechenbaren Untergrund unter den Füssen zu haben und stiegen meist Rückwärts mit Steigeisen und Pickel die steile Eiswand hinunter. Der Schneesturm liess kurz über dem Einstieg ins Couloir nach und kurz nachdem wir den Gletscher wieder überquert hattten, lugte natürlich die Sonne wieder hervor und der Nebel lichtete sich auf einen Schlag. Das war ne echte Klatsche.

Der restliche Abstieg verlief dann wieder problemlos. Zwischenhalt in der Hütte, wo inzwischen wieder die Sonne schien und wir auf der Terasse noch lecker Obstkuchen assen und Kaffee tranken. Den steilen Abstieg auf dem rotweissen Wanderweg, war dann wieder herrlicher Sonnenschein, aber der Weg ins Tal endlos. Stiegen wir bis zum Auto doch über 2000 Höhenmeter ab. Natürlich hats dann auf den letzten 30 Minuten nochmal so richtig heftig zu regnen begonnen. Wir waren beide ziemlich fertig und uns auch einig, dass dies wohl ein bisserl fahrlässig war und auch ins Auge hätte gehen können. Und seit ich nun auch weiss was Pickelsausen oder Elmsfeuer ist – Autsch! Auf jeden Fall weiss ich für die Zukunft, dass es bei solchen Erscheinungen nur noch eins gibt: Pickel und Karabiener weg, sofort Schutz suchen und auch nicht mehr am Seil gehen. Sich wenns nix besseres gibt einen Meter an eine Felswand hinstellen, diese aber nicht berühren und überhaupt: Versuchen, erst gar nicht in diese Situation zu kommen.

Update: Ich habe im Internet noch ein paar Fotos gefunden, die unsere Tour sehr gut dokumentieren.
Tourbilder 1
Tourbilder 2