Pierres Blog

Was mich bewegt, interessiert und mir Spass macht …

Ausbildungswoche Engadin (Tag 2, Dienstag)

Olav sichert
Langsam wirds ernst. Wir stehen schon um 6 auf und machen uns nach dem Frühstück auf den Weg Richtung Corn da Mürasciola. Hinter diesem Berg verschwindet jeden Abend pünktlich um sieben die Sonne und man schaut ihn immer an, wenn man auf der Terasse vor der Hütte sitzt. Wir laufen eine gute Stunde einen kleinem Weg hoch, verlassen diesen über der Baumgrenze und laufen dann auf ca. 2400 Meter direkt Richtung Grat. Wir wollen den Gipfel über den Westgrat erreichen. Das Wetter ist perfekt, die Sonne brennt und wir schwitzen schon kräftig. Als wir den Grat erreichen bilden wir zwei 3er-Seilschaften. Jetzt wirds spannend. Ich glaube jeder hat dieses erste kleine Adventure genossen. Das Gelände ist nicht zu anspruchsvoll. Aber immer wieder kommen schwierigere Passagen, wo man mal die Seilschaft sichern muss. Das heisst der Vorderste klettert vor und sichert sich am Ende der Seillänge oder der Schwierigkeit, was die Unteren natürlich auch machen sollten … erklärt uns Werner, nachdem sich die Seilführer euphorisch ohne daran zu denken auf den Weg gemacht haben. Wenn der Führer dann oben sich selber und das Seil gesichert hat, kommt der Zweite nach und dann der Hinterste, der falls benutzt, Sicherungskarabiner und sonstiges Material beim Aufstieg wieder einsammelt.

Keine Lust zum lesen? Hier gibts die Bilder.

Bei weniger schwierigen Passagen klettert man einzeln. Natürlich immer noch am Seil, von seinen Kameraden gesichert aber sichert sich selber nicht jedesmal. Man muss immer drauf achten dass das Seil schön gespannt ist, damit ein eventueller Sturz oder Ausrutscher problemlos aufgefangen werden kann. Die einfacheren Passagen klettert man am kurzen Seil gemeinsam, das heisst dass alle Drei immer gemeinsam in Bewegung sind und zwischen den einzelnen Leuten das Seil ganz kurz gehalten wird. Auch hier lernen wir wieder das eine oder andere dazu. Wie man z.B. das Seil über einem Grat führen sollte, dass man das Pendeln immer verhindern sollte, das heisst, dass man möglichst sich in der Falllinie bewegen sollte und nicht unnötig traversiert. Denn die Kraft die zu wirken beginnt, wenn jemand nur schon einen Meter ins Seil fällt ist um ein vielfaches grösser, als wenn man seinen Kameraden am straffen Seil wieder ins Gleichgewicht bringen kann. Na? Noch alles klar? Ich würd am liebsten gleich wieder irgendwo hochkraxeln … aber heute tun wir ja ein bisschen schreiben.

Den Gipfel auf 2819 Metern überschreiten wir um die Mittagszeit. Da es hier oben aber keine gemütlichen Plätze zum Pausieren hat, laufen wir wieder ein Stück in einen Sattel hinunter und vespern auf einer schönen kleinen Wiese mit prächtiger Aussicht. Für den Abstieg folgen wir dem Wanderweg. Zum Glück bläst ein ziemlich kräftiger Wind, der unseren Schweiss etwas trocknet. Ohne diesen Wind wär der Abstieg mörderisch heiss und unangenehm.

Wir sind gegen drei Uhr wieder in der Hütte, ruhen uns vor dem Haus bei einem kühlen Schorle aus und strecken die müden Beine von uns. Und weil der Tag ja noch nicht zu intensiv war gehen wir nach der Rast noch in den Klettergarten, der gleich fünf Minuten hinter dem Haus ist. Mein Respekt vor der Kletterei ist immer noch ziemlich gross und so lasse ich netterweise Martin vorklettern. Beim Nachsteigen falle ich beim ersten Tritt auch prompt ins Seil. Na ja, wär wohl nix passiert, aber grade gut fürs Selbstvertrauen ist des net. Werner hilft wieder oben und unten. Es gibt immer viele Varianten wie man sichern kann. Von unten im Stand, von oben, selbst gesichert am Fels. Das gleiche gilt fürs Abseilen. Man kann sich selber am Abseil-Achter runterlassen oder von einem unten oder oben gesicherten Gspänli runter gelassen werden. Man kann sich mit der Schleife sichern, die Reppschnur dazu verwenden oder sich am Hauptseil einhängen und festmachen. Ich glaub ich weiss jetzt schon nimmer alle Varianten. Aber da eignet sich wohl auch jeder seine eigenen Techniken an. Es gibt so viele Möglichkeiten. Ich bin auf jeden Fall froh, dass Werner am Fels steht wo wir uns sichern und uns mit Rat und Tat zur Seite steht und prüft ob wir die Abseil- und Sicherungsprozeduren richtig machen. Ich sag jetzt nicht, wie oft ich den Schraubkarabiner nicht zugeschraubt hatte.

Muss ich noch erwähnen, dass das Essen und der Service von Bruno und seiner Tochter Nadja einmal mehr phantastisch war?