Pierres Blog

Was mich bewegt, interessiert und mir Spass macht …

Ausbildungswoche Engadin (Tag 4, Donnerstag)

GletscherausbildungHeute steht der Umzug in die Diavolezza Bergstation und die Eisausbildung auf dem Morteratschgletscher an. Wir geniessen das letzte Frühstück in der Saoseohütte. Bruno bringt unsere Rucksäcke wieder zurück zum Sfazu-Parkplatz. Wir marschieren ohne Gepäck los, räumen unten bei den Autos noch etwas um und fahren dann noch kurz nach Pontresina zum Kletterschuhe probieren und kleine Besorgungen machen. Ich habe eine furchtbare Entzündung oberhalb des Knöchels am rechten Fuss die eigentlich nach einem Arzt schreit, aber ich hoffe dem Übel mit einer Creme auf den Leib zu rücken. Die Blase die ich mir schon am zweiten Tag eingefangen hatte konnte ich dank speziellem Blasenpflaster von Cécile getrost vergessen. Aber die Entzündung quälte mich furchtbar. Tags zuvor war ich kurz davor die Tour abzubrechen, weil ich bei jedem Schritt solche Schmerzen hatte. Die Stelle lag 5 cm oberhalb des rechten Fussknöchels, von aussen war nichts ausser einer leichten Schwellung zu sehen. Es war weder eine Druckstelle vom Schuh noch von der Socke. Keine Ahnung, auf jeden Fall quälte mich das Ding fast die ganze Woche. Also Creme kaufen und im Coop noch schnell den Tagesproviant aufstocken.

Keine Lust zum lesen? Hier gibts die Bilder.

Obwohl wir gestern schon mit den Steigeisen unterwegs waren wussten wir mit den Dingern noch nicht so umzugehen. Das war bei der einfachen Gletscherüberquerung auch nicht nötig. Unser Trainingsgelände war der apere Morteratschgletscher. Unten an der Gletscherzunge, die sich in den letzten hundert Jahren um fast zwei Kilometer zurückgezogen hat, stiegen wir auf den Gletscher. Werner zeigte uns wie man mit den Steigeisen richtig läuft. Immer steiler gings hoch oder runter. Dies steigerte sich bis zu fast senkrechten Eiswänden, wo man nur noch mit Hilfe von 2 Eispickeln hoch kam. Aber des macht a Spass, mein Freund! Beim steil bergablaufen muss man sich zusammenkauern und das Körpergewicht nach vorne legen. Sieht bescheuert aus, geht ziemlich in die Knie und ist auch hübsch anstrengend. Beim bergauf laufen muss man immer die Versen nach hinten drücken, damit alle 12 Zacken der Steigeisen schön greifen. Dann gibts noch das Traversieren oder den Übersetzungsschritt, der hilft das Körpergewicht mit den starken Oberschenkeln emporzudrücken, anstatt die Unterschenkel zu stark zu belasten.

Das Wetter war um die Mittagszeit ein Weilchen lang ziemlich ungemütlich. Auf dem Gletscher blies ein heftiger und eiskalter Wind. Die Bernina war plötzlich in dunkle Wolken gehüllt, die sich auch noch auszuregnen begannen. Zum Glück wars nicht heftig und auch nicht sehr lange. Aber solche Situationen führen einem immer wieder die schnellen Wetterwechsel in den Bergen vor Augen. Wir waren kaum mehr als 150 oder max. 200 Höhenmeter auf dem Gletscher aufgestiegen. Unten hätte man noch in den Badehosen rumlaufen können, auf dem Gletscher packte jeder alle Jacken und Vliesse aus, die er dabei hatte. Handschuhe ebenso. Die Füsse wurden auch langsam klamm. So ist das eben, da oben!

Wir machten noch ein paar Anseilübungen, übten den Gebrauch von Eisschrauben und probierten eine T-Sicherung aus, bei der man einfach gesagt eine Scharte in T-Form ins Eis haut und dort eine Seilschleife zum sichern reinlegt. Und verdammt nochmal, das hält! Das glaubt kein Mensch! Das hält! Olav war mutig genug um den Test zu machen und sich an dieser Konstruktion abzuseilen.

Auch dieser Tag war wieder schnell rum. Die Regenwolken hatten sich zwischenzeitlich auch wieder verzogen und so stiegen wir ab, fuhren danach auf den Berninapass hoch und parkten unsere Wagen an der Talstation der Diavolezzabahn. Oben bezogen wir unser neues Lager. Ein grosser Massenschlag, den wir fünf Kursteilnehmer grosszügig teilen durften, da sonst keine Gäste hier waren. Natürlich konnte die Diavolezza bei weitem nicht mit der romantischen Saoseohütte mithalten, ich muss aber sagen, dass von den Bergstationen die ich schon besucht habe, die Diavolezza sicher eine der angenehmsten ist. Unser Grüppchen freute sich auch wieder über den Standard den man hier antraf. Im Nebenraum war eine Grossleinwand installiert und wir konnten noch ein Häppchen WM naschen. Japan – Brasilien spielte um neun und die erste Halbzeit fanden wir alle fulminant, schnell und spannend. Aber für morgen war die Tagwacht auf 3:30 Uhr angesetzt, so dass keiner wirklich Lust und Mumm hatte, länger aufzubleiben.